Ein weiteres Projekt was nun nicht umbedingt mit der Fotografie zu tun hat, welches ich euch dennoch nicht vorenthalten möchte. Selbstbau Lautsprecher.
Mich begleitet das Theme seit vielen Jahren. Damals musste ins erste Auto ein selbstgebauter Doppelbandpass Woofer, Doorboards und ein Radio mit Akustischer Innenraum Vermessung. Die Ansprüche an guten Klang waren damals schon ausgeprägt. Dies hat sich bis heute nicht geändert. In der Wohnung spielen ASW Cantius VI & V in einem 5-Kanal System und sorgen für tollen Sound bei Musik und Filmen. Für den Arbeitsplatz wollte ich eigentlich immer etwas gut klingendes in klein. Bisher spielten Bose Musik Monitor Aktiv Lautsprecher auf meinem Schreibtisch, welche für die minimale Größe beeindruckendes lieferten.
Was macht diese Lautsprecher besonders?
Es ist die Kombination der Komponenten. In jeder Lautsprecherbox ist ein 2.1 Verstärker verbaut. Dieser wird aber nicht wie üblich als Subwoofer + 2 Satelliten genutzt, sondern liefert 60Watt RMS für einen 5” Langhub Subwoofer, 30Watt RMS für einen Breitband Treiber sowie 30Watt für einen Super Hochtöner. Subwoofer und Breitband+Hochtöner können separat in der Lautstärke justiert werden. Zudem kann die Trennfrequenz des Subwoofer gewählt werden. Die “Satelliten” Kanäle sind aktiv bei 100Hz mit 6dB Flankensteilheit getrennt und somit von den tiefen Frequenzen entlastet. Für den Breitband Lautsprecher fallen somit keine passiven Bauteile an. Lediglich der Hochtöner, der den oberen Frequenzbereich ab 12kHz abdeckt, und somit dem Breitband Lautsprecher unter die Arme greift, benötigt passive Bauteile um ihn von der Lautstärke und Trennfrequenz anzupassen. Dazu gleich mehr.
Zum Einsatz kommen folgende Lautsprecher:
Tang Band W5-1138SMF 5” Subwoofer 4Ohm
Dayton Audio rs100-4 Breitband Lautsprecher 4Ohm
Monacor RBT-56 Bändchen Hochtöner 4Ohm
Der Referenz Breitband Lautsprecher kann zwar bis 20kHz auflösen, nimmt aber in den hohen Frequenzen an Lautstärke ab. Um den Frequenzgang möglichst linear zu bekommen, übernimmt der Bändchen Hochtöner die Feinzeichnung ab 12kHz und fügt sich mit 6dB Flankensteilheit wunderbar in den abfallenden Frequenzgang des Breitbänders. Auch wenn unser Gehör bereits im Bereich von 15-20Khz schlapp macht, finde ich es sinnvoller einen Bändchen Hochtöner zu verwenden, der sein Limit bei 40kHz hat, anstelle eines Kalotten Hochtöner mit einem Limit um 20kHz. So der Plan.
Gehäuse:
Beim Gehäuse bin ich nach dem Reverse Engineering Prinzip vor gegangen. Die Lautsprecher Treiber waren von den “Dinas” Entwicklern vorgegeben, und somit ließen sich die Frontmaße der Lautsprecherbox anhand Bildmaterial leicht ausrechnen. Ebenso klar war, dass der Reflex Tunnel doppelt gefaltet sein musste, sowie das der Breitbänder ein abgekapseltes Gehäusevolumen hat. Die Treiber Parameter ergaben mittels Online Tools zur Gehäuseberechnung schnell ein endgültiges Maß für Sub Volumen, Breitband Volumen und Tunnel länge. Ich habe hier komplett auf 19mm MDF gesetzt. Die ursprüngliche Konstruktion der “Dinas” hat, meine ich, dünnere Innenwände für den Reflextunnel und eine aufgesetzte Frontplatte. Hier bin ich einen eigenen Weg gegangen. Der Super Hochtöner hätte theoretisch in einer asymmetrischen Anordnung ins Gehäuse gepasst, sah aber obenauf platziert irgendwie schöner aus. Als Gehäuse diente hierbei ein 10cm langer Holzkegel der in Form geschliffen wurde. Ein schönes Detail welches man nicht so oft sieht. Das Gehäuse hat an der Front abgeschrägte Kannten, auch Fasen genannt. Für mich war es eher eine Designentscheidung als einer Akustischen Gedanke. So wirkt das Gehäuse auch nicht so bullig. Abgeschrägte oder Abgerundete Kannten sollen zudem Kantendiffraktion vermindern. Gesägt habe ich die Fasen mit Hilfe einer Japansäge und Alu-Fußleisten die als Führung dienten. Die Lautsprecher wurden mit einer Oberfräse ins Gehäuse eingelassen. Einen “Fräszirkel” für die Oberfräse habe ich mir kurzerhand aus einer 6mm MDF Platte und einem Regalbodenträger (auch “Metalnupsi”) selber gebaut. Zum ersten mal gemacht und wunderbar geklappt. Die Platten sind ohne Schrauben Pressverleimt. Das fertige Rohgehäuse wurde anschließend mit 120/240er Papier geschliffen. Da MDF grade an den Schnittkanten unglaublich saugt, muss man vor dem Lackieren eine Grundierung schaffen. Dies kann man mit einem Vorlack machen oder wie in meinem Fall mit je einer Dose Sprüh Grundierungs Füller. Dieser wird in mehreren Schichten aufgetragen und dazwischen immer wieder an geschliffen. Einige Stellen habe ich dann doch noch mit Holzspachtel nachgebessert. Je mehr Arbeit man sich damit macht, desto perfekter wird das Ergebnis. Als Decklack habe ich mit für DUPLI Color Platinum Matt reinweiß entschieden, da ich in Vergangenheit damit sehr gute gleichmäßige Ergebnisse erzieht habe ohne “Läufer/Nasen” zu produzieren. Hier wieder 1 Dose pro Lautsprecher rechnen. Als Finish habe ich mit einem kleinen Holzstück, 600er Nachschleifpapier und Zunahme von Wasser, dass Gehäuse ohne Druck geschliffen. Dabei nie über die Ecken schleifen! Lautsprecher und Verstärker sind mittels Zylinderkopf Holzschrauben schwarz von Visaton (Contrad Elektronik) befestigt. Ich finde es halt schöner als standart Schrauben zu verwenden. Der Breitbänder hat eine Moosgummi Dichtung ab Werk, den Subwoofer habe ich selber mit einem Moosgummi Band unterfüttern müssen. Als Entkopplung der Lautsprecher dient eine Schaumstoff Unterlage. Hier kann man auch Spikes oder Vorgefertigte Formschaumplatten kaufen.
Holzliste:
4stk 330 x 305 x 19mm
2stk 140 x 292 x 19mm
4stk 140 x 305 x 19mm
2stk 140 x 279 x 19mm
4stk. 140 x 115 x 19mm
2stk. 140 x 204 x 19mm
2stk. 140 x 254 x 19mm
Hochtöner und Frequenzweiche:
Ich komme noch kurz auf die oben angesprochenen passiven Bauteile für den Hochtöner. Wie geschrieben sind die beiden “Satellit” Kanäle aktiv bei 100Hz getrennt. Da der Hochtöner nur für die feinen Obertöne zuständig ist, muss er viel höher getrennt werden. Gängig sind bei solchen Super Hochtönern Trennfrequenzen von 8-16kHz. Ich habe mich für 12kHz entschieden. Für eine einfache Trennung mit 6dB Flankensteilheit schaltet man einen 3,3µF 250V Kondensator in Reihe zum Lautsprecher. Da Bändchen Hochtöner weniger Leistung benötigen, musste als nächsten Step die Lautstärke des Hochtöners an den Breitbänder angepasst werden. Mit einer Spannungsteiler Schaltung lässt sich dies mittels Widerstände einfach umsetzen. Ich habe zum testen Widerstände für -2dB, -4dB und -6dB besorgt. Die -4dB Variante fügte sich am besten ins Klangbild ein.
Die passiven Bauteile habe ich so arrangiert das sie in Linie verlötet in einen Schrumpfschlauch passten. Da die Leitung des Hochtöners durch das Volumen des Breitbänders führte, fand die passiv Elektronik dort einen mit Wolle gedämmten Platz. Bei der endgültigen Positionierung des Superhochtöners sollte man sich grob an der tiefsten Stelle des Beitbänders orientieren. Da der Breitbänder ebenfalls in die hohen Frequenzen spielt, wenn auch mit Pegelverlust, und die Wellenlänge der Obertöne sehr kurz ist, gibt es eine größere Chance des gegenseitigen Auslöschen. Am besten macht man eine Hörprobe um die Position zu ermitteln. Nachtrag: Optional hätte man dem Breitbänder einen Tiefpassfilter um 10-12Khz mit 12dB Flankensteilheit spendieren können und den Superhochtöner entsprechend darauf abgestimmt. Theoretisch könnte das sogar noch eine Verbesserung bringen und Auslöschung gänzlich vermeiden.
Verstärker:
Als Antrieb dienten zum Lepai LP210-PA baugleiche Verstärker. In meinem Fall nennt das Modul sich MP-501 welchen ich über HS-Sound.de erworben habe. Weitere Baugleiche Module sind unter SW-501 oder TPA3118 zu finden. Für ganz kleines Geld , Glück und Zeit kann man die Verstärker auch aus China bestellen. Meine Ebay Bestellung aus China ist jedoch nach 7Wochen immer noch nicht eingetroffen. Die Verstärker benötigen zudem noch Netzteile. Ein standart Toshiba Notebook Netzteil mit 19V 4,74A gibt es bei Ebay für schmales Geld. Man muss nur darauf achten das der Stecker 5,5mm Aussen- und 2,5mm Innendurchmesser hat. Auf er Rückseite der Platine befindet sich eine Anschlussbuchse für den Subwoofer und ausreichend große und gekennzeichnete Lötstellen für Breitbänder und Hochtöner. Bei der Zuspielung sollte man auf gut geschirmte Cinch Kabel zurück greifen. Billige Kabel bestrafen direkt mit einem Grundrauschen und Störgeräusche. Ein letzter Punkt wäre auch noch zu beachten. Da wir jeweils nur ein Cinch Kabel zum Lautsprecher ziehen, muss dieses noch mittels einem Y- Cinch Adapter (1x Buche auf 2x Stecker) auf beide Eingänge am Verstärker gebrückt werden.
Bilder von der Entstehung:
Frequenzgangmessung
Ich habe mit einem kalibrierten Dayton Audio iMM6 Messmikofon und der Freeware “Room EQ Wizard” die Lautsprecher gemessen und Trennfrequenz + Pegel des Subs angepasst, um ein möglichst linearen Frequenzgang zu bekommen. Die Messungen sind in Hörerposition an mehreren Stellen und Winkeln gemacht worden und der Wert gemittelt. Dies beinhaltet auch Raumresonanzfrequenzen. Den ein oder anderen “Peak” könnte man noch via Equalizer entgegen wirken um das Klangbild noch zu verfeinern. Hier die Messung:
Nachtrag Apr.2021: Einsatz eines Digitalen Sound Prozessor
Eine ganze Weile habe ich den Frequenzgang mittels Equalizer Plugin über das Betriebssystem versucht zu optimiert. Die Möglichkeiten sind jedoch stark begrenzt. Frequenzband Abschnitte lassen sich nur sehr schmalbandig nach oben oder unten ziehen. Zudem gibt es keine Equalizer mit mehr als 10 Bändern. Problemfrequenzen lassen sich dann oftmals nicht exakt justieren. Über ein Video wurde ich dann auf das Thomann t.racks DSP 4x4 mini aufmerksam. Ein Digitaler Sound Prozessor der hochwertig ist, und mit 85€ wirklich nicht zu teuer ist. Die Einstellmöglichkeiten sind recht umfangreich. 4 mono Eingänge und 4 mono Ausgänge. Jeden der Eingänge kann man auf einen oder mehrere Ausgänge schalten. Ebenso hat jeder Kanal einen Hoch- und Tiefpassfilter bei dem man die genaue Trennfrequenz und Flankensteilheit festlegen kann. Alle Kanäle haben einen parametrischen Equalizer, der über 7 Punkte in Frequenz, Intensität und “Form” (Güte) exakt einstellbar ist. Um die richtige Einstellung zu finden, kann wiederum die Software Room EQ Wizard genutzt werden. Auf Basis einer Frequenzgang Messung simuliert man im EQ Modul eine DSP Korrektur. Die ermittelten Korrekturwerte übernimmt man dann 1:1 in das t.racks DSP 4x4mini. Vergleicht man die Vor- u. Nachher Messung, sieht man welche Bereiche sich verbessert haben. Einige Frequenzen lassen sich jedoch nicht wirklich beeinflussen. Dabei handelt es sich um Auslöschungen durch Raumreflexionen. Mehr Pegel bedeutet leider auch mehr Auslöschung. Zur Optimierung müsste an der Raumakustik selber etwas geändert werden, was allerdings auch ein Thema für sich selbst ist. Die Breitband Lautsprecher habe ich nun via DSP ab 14Khz getrennt, um Auslöschungen mit dem Bändchenhochtöner zu unterbinden. Zu guter Letzt habe ich noch eine Spaßanhebung im Bassbereich vorgenommen. Kauftipp: Verwende gute Chinch Kabel. Ich bin extrem zufrieden über die Haptik und Akustische Quallität der Primewire HQ Platinum, die ich bei Ebay gekauft habe.
Fazit: Man mag es kaum glauben, aber Peeks in einzelnen Frequenzbereichen überlagern leisere Frequenzen so sehr, das sie im Gesamtbild untergehen. Je linearer der Frequenzgang ist, desto mehr Details hört man. Die Lautsprecher klingen nun noch detailreicher und lebendiger. Ein Geräte, welches jeden Euro wert ist. Hier mal noch 2 Bilder.
Schlusswort
Ich habe es nicht bereut so viel Arbeit in den Bau dieser Lautsprecher zu investieren. Durch die individuelle Gestaltung wird doch ein einzigartiges Produkt daraus. Zudem klingen sie echt extrem gut. Sollte dich der Blogbeitrag dazu verleitet haben, diese Speaker auch zu bauen, lass es mich wissen. Fragen gerne in die Kommentare.
Besten Gruß.